Macht um jeden Preis? Warum Merz` Opportunismus die Demokratie unbeabsichtigt stärken könnte
Kürzlich hat die CDU/CSU-Fraktion erstmals ein Gesetz mit Hilfe der AfD verabschiedet. Was lange als „Brandmauer“ gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD galt, wurde durch dieses Ereignis erheblich erschüttert. Es scheint, als habe die CDU bewusst auf die Stimmen der AfD gesetzt und damit die Partei einen Schritt weiter in Richtung gesellschaftlicher Normalisierung gebracht.
Die angebliche Brandmauer der CDU gegen die AfD ist längst nicht mehr stabil. Friedrich Merz, der sich in der Vergangenheit oft klar gegen eine Kooperation ausgesprochen hat, offenbart immer wieder seine wahre politische Natur: Opportunismus und Machthunger. Solange er andere Optionen hat, wird er aus taktischen Gründen auf Distanz zur AfD bleiben. Doch sollte sich die Situation ergeben, dass er nur durch eine Koalition mit der AfD Kanzler werden kann, bin ich überzeugt, dass er keine Sekunde zögern würde. Die CDU hat bereits gezeigt, dass sie bereit ist, für politischen Gewinn ihre eigenen Prinzipien aufzuweichen.
So bedenklich diese Abstimmung auch ist und so problematisch die Normalisierung der AfD sein mag, sie zeigt auch eine andere Perspektive auf: eine Möglichkeit für eine echte Demokratie, jenseits von parteipolitischen Machtspielchen und der seit Jahrzehnten etablierten Fraktionsdisziplin. Denn so sehr diese Abstimmung ein politischer Skandal ist, zeigt sie auch, dass eine Entscheidung auf Grundlage einer realen Parlamentsmehrheit, und nicht auf Basis einer zuvor im Kabinett der Bundesregierung festgelegten Linie, getroffen wurde. Hier wurde eine Entscheidung gefällt, die sich nicht nach parteiinterner Logik, sondern nach der Überzeugung einer Mehrheit der Abgeordneten richtete – genau so, wie es sein sollte.
Natürlich ist es wichtig, dass Abgeordnete innerhalb einer Partei in gewissem Rahmen kooperieren, um politische Stabilität zu gewährleisten. Doch diese Zusammenarbeit darf nicht zu einer rigiden Fraktionsdisziplin führen, die den Bundestag zu einer reinen Abstimmungsmaschine degradiert. Jeder Abgeordnete sollte nach seinem eigenen Gewissen entscheiden können, ohne Angst vor parteiinternen Konsequenzen zu haben.
Ein Beispiel für diese fehlende Unabhängigkeit war die Abstimmung zur „Ehe für alle“. Hier wurde die Fraktionsdisziplin ausnahmsweise aufgehoben, damit jeder Abgeordnete seinem Gewissen folgen konnte. Doch warum ist das die Ausnahme und nicht die Regel? Das Grundgesetz sieht vor, dass Abgeordnete frei entscheiden sollen – nicht nur dann, wenn die Parteiführung es ihnen gestattet. Die Fraktionsdisziplin ist in ihrer derzeitigen Form nichts anderes als eine Verfassungswidrigkeit, die sich als politische Praxis festgesetzt hat.
Die Frage, ob man einen Antrag stellt, sollte sich nicht daran orientieren, welche Parteien ihn ebenfalls unterstützen könnten, sondern ob der Antrag politisch sinnvoll ist. Jeder Abgeordnete sollte frei darüber entscheiden, was er für richtig hält, ohne von der Parteiführung unter Druck gesetzt zu werden. Nur so kann eine wirkliche Demokratie funktionieren.
Die CDU hat mit dieser Abstimmung gezeigt, dass sie bereit ist, ihre eigenen Prinzipien für Machtgewinn zu opfern. Doch gleichzeitig hat sie ungewollt demonstriert, dass eine echte demokratische Entscheidung ohne die enge Kontrolle des Kabinetts möglich ist. Vielleicht liegt hier eine Chance, die Politik endlich wieder unabhängiger und demokratischer zu machen.