Moschee-Steuer in Deutschland

 

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer: Die Politik denkt über die Einführung einer Moschee-Steuer in Deutschland nach. Doch was hat es damit auf sich? 

Juristisch betrachtet wäre eine Moschee-Steuer nichts anderes als eine „Kirchensteuer“, nur eben für Muslime. Der Begriff „Kirche“ meint in diesem Kontext nicht das christliche Gotteshaus, sondern steht im deutschen Staatskirchenrecht für offiziell anerkannte Religionsgemeinschaften, die den Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ innehaben. Beispiele für solche Religionsgemeinschaften wären die katholische Kirche oder die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Solche Körperschaften haben bestimmte Sonderrechte, die die Muslime hierzulande (bisher) nicht haben. Dazu gehören beispielsweise die Dienstherrenfähigkeit oder die Erhebung der sogenannte Kirchensteuer. Die Befugnis hierfür ergibt sich aus dem Grundgesetz:

Artikel 140 GG / 137 Absatz 6
„Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.“

Doch was ist das überhaupt, eine Kirchensteuer? 
Die Kirchensteuer dient dazu, die Religionsgemeinschaft zu finanzieren. Sie ist gewissermaßen eine Art Mitgliedsbeitrag für Körperschaften des öffentlichen Rechts, der jedoch direkt an das Einkommen des Mitglieds geknüpft ist. Die Höhe dieser Steuer wird einheitlich vom Staat, genauer gesagt vom jeweiligen Bundesland, festgelegt, die Entscheidung darüber, ob eine solche Steuer erhoben wird oder nicht, trifft jedoch jede Religionsgemeinschaft selbst, wie sich aus dem o.g. Artikel des Grundgesetzes ergibt. Eine staatliche Verpflichtung dazu gibt es nicht, und auch die Körperschaften des öffentlichen Rechts können – wie Vereine – weiterhin einen ganz normalen Mitgliedsbeitrag erheben.

 

Warum sollte sich eine Religionsgemeinschaft für oder gegen eine solche Steuer entscheiden?
Hierzu sollten zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden, die jedoch jede Körperschaft für sich selbst abwiegen muss. Ein Vorteil der Kirchensteuer ist beispielsweise, dass die jeweilige Organisation ihren Geldern nicht „hinterherrennen“ muss. Es muss nicht darauf vertraut werden, dass die Mitglieder ihrer Beitragspflicht nachkommen, und man muss sich auch nicht mit säumigen Mitgliedern oder Rücklastschriften herumschlagen, denn der jeweilige Beitrag wird direkt vom Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung abgezogen und über das Finanzamt an die jeweiligen Körperschaften weitergeleitet. Hierbei ist zu beachten, dass die Beiträge nicht irgendwie gemeinsam gesammelt und anschließend auf die einzelnen Körperschaften verteilt werden, wobei jede Körperschaft gleich viel bekommt oder sogar der Staat bestimmen könnte, wer wie viel bekommt, sondern die Beiträge werden eins zu eins weitergegeben. Die Beiträge der Mitglieder der katholischen Kirche gehen auch nur an die katholische Kirche und nicht an die EKD oder eine islamische Körperschaft. Genauso wie die Beiträge der Mitglieder einer islamischen Religionsgemeinschaft nicht an die evangelische oder katholische Kirche gehen würden. Diese Tatsache ist allein verwaltungstechnisch ein riesiger Vorteil und eine große Erleichterung für eine Organisation, jedoch gibt es natürlich auch einige Nachteile. Diese wären beispielsweise, dass nicht von jedem Mitglied ein Beitrag eingezogen wird, so dass auch durch viele kleinere Beträge eine größere Summe erreicht werden kann, sondern nur von den Mitgliedern, die erwerbstätig sind und deren Gehalt über der Lohnsteuerfreigrenze liegt, da die Kirchensteuer an eben jene Steuer gebunden ist. Ein weiterer Nachteil ist, dass der Staat in diesem Fall einen kleinen Teil (in der Regel 3%) der Beiträge als Aufwandsentschädigung einbehält. Natürlich gibt es noch viele weitere Vor- und Nachteile so einer Steuer, und die Entscheidung darüber, ob man sich dafür oder dagegen entscheidet, muss jede Religionsgemeinschaft selbst treffen. 

Nun wissen wir, dass der Staat uns eine solche Steuer nicht einfach aufzwingen kann, sondern dass wir selbst darüber entscheiden. Ebenso wissen wir nun, dass dies keine Steuer ist, durch die sich der Staat an den Muslimen bereichern kann, denn die Gelder würden direkt an die jeweilige Körperschaft weitergeleitet, die sie erhebt. Doch warum dann der Aufschrei?

Das ursprüngliche Argument zu Beginn dieser Debatte war, dass die Moscheen dadurch „unabhängiger“ von Finanzierung und Einflüssen aus dem Ausland werden würden. Besonders auf die DITIB wurde hierbei angespielt, die zu großen Teilen aus der Türkei finanziert wird und deren Imame in der Regel türkische Beamte sind. Die DITIB wird häufig auch als verlängerter Arm Erdogans bezeichnet. Doch dieses Argument scheitert gleich an mehreren Punkten bzw. bringt eine deutliche Doppelmoral zum Vorschein. Eine Moschee- / Kirchensteuer würde so eine Auslandsfinanzierung keineswegs unterbinden, denn nur weil eine Körperschaft sich für das Steuermodell entscheidet, bedeutet dies nicht, dass sie keine Spenden oder Zuwendungen von anderer Stelle mehr annehmen darf, selbst wenn diese aus dem Ausland kommen. Allein durch diesen Gesichtspunkt erübrigt sich eigentlich jede weitere Debatte, jedoch gibt es da noch einen viel wichtigeren Punkt. Was von Seiten der Medien und besonders der Politik am meisten kritisiert wird, ist der ausländische Einfluss. Sei es Saudi-Arabien oder Erdogan, der deutsche Staat wünscht sich schon lange eine einheitliche deutsche Imam-Ausbildung, in der er ein Mitspracherecht über die Inhalte hat. Wenn möglich, hätte der Staat längst ein Verbot für Imame aus dem Ausland erlassen, so wie es Österreich im Jahr 2018 getan hat. 
Und hier zeigt sich die Doppelmoral: 
Ausländische Einflüsse sind für viele Religionsgemeinschaften nichts unübliches. Das beste Beispiel hierfür ist die katholische Kirche, die ganz offiziell vom Vatikan aus geführt wird. Der Papst in Rom ist das Oberhaupt aller Katholiken und aller katholischen Teilkirchen; dies gilt auch für die katholische Kirche in Deutschland. Anders als bei den Muslimen, wo ein solcher Einfluss (egal aus welchem Land) unbedingt unterbunden werden soll, scheint sich hier jedoch niemand an den Einflüssen aus dem Ausland zu stören. Diese Denkweise ist nicht nur diskriminierend, sondern auch klar verfassungswidrig, denn das Grundgesetz ist hier eindeutig:

Artikel 140 / 137 Absatz 3
„Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“

In diesem Sinne:
Die ganze Debatte hierüber ist mal wieder nichts anderes als pure Stimmungsmache, durch die versucht wird, sich die Unwissenheit des Durchschnittsbürgers zunutze zu machen.

 

 
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