CDU und die Leitkultur: Hauptsache, kein Muslim

CDU-Grundsatzpapier: Ein neues Programm oder nur die Kopie der AfD?

Am 6. Januar 2024 veröffentlichte die CDU ein neues Grundsatzpapier, das bereits im Vorfeld der kommenden Wahlen großes Interesse weckte. Dieses Papier zielt offenbar darauf ab, konservative Wähler anzusprechen, die sich in den letzten Jahren zunehmend der AfD zugewandt haben. Besonders auffällig in diesem Papier ist die Sprache gegenüber Muslimen, die sich drastisch von der Rhetorik unterscheidet, die gegenüber anderen religiösen Gruppen verwendet wird.

Muslime müssen sich beweisen

Ein kontroverser Punkt ist die Aussage, dass „Muslime, die unsere Werte teilen, zu Deutschland gehören“. Dies scheint implizit zu unterstellen, dass Muslime im Gegensatz zu anderen religiösen Gruppen ihre Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft ständig unter Beweis stellen müssen. Im Gegensatz dazu wird etwa jüdisches Leben in Deutschland explizit als Teil der deutschen Gesellschaft anerkannt, ohne dass die Wertefrage erhoben wird. Diese Unterscheidung hat sofort Kritik hervorgerufen, da sie eine Form von Doppelmoral suggeriert, die Muslime unter Generalverdacht stellt.

Versuch, rechte Wähler zurückzugewinnen?

Diese Rhetorik, die stark an die der AfD erinnert, lässt vermuten, dass die CDU versucht, Wähler am rechten Rand anzusprechen. Schon seit geraumer Zeit gibt es Bemühungen innerhalb der Partei, konservative Wähler durch eine striktere Haltung in Fragen der Migration und Integration zurückzugewinnen. Viele Beobachter sehen dies als Versuch der CDU, sich mit der AfD auf einem ähnlichen Terrain zu bewegen, insbesondere in den Bereichen nationale Identität und gesellschaftliche Werte.

Die CDU betont in ihrem Papier, dass Deutschland ein „christlich geprägtes Land“ sei und fordert, dass christliche Symbole im öffentlichen Raum „sichtbar bleiben“ sollen. Dies steht in starkem Kontrast zu der Debatte um staatliche Neutralität, die oft aufkommt, wenn es um muslimische Praktiken wie das Gebet in Schulen oder den Bau von Moscheen geht. Warum sollte es akzeptabel sein, christliche Symbole in Behörden und Schulen zu zeigen, während muslimische religiöse Ausdrucksformen oft als Bedrohung für die Neutralität des Staates wahrgenommen werden?

Leitkultur und Weihnachtsbaum

Ein weiteres Element des Grundsatzpapiers, das für Verwirrung sorgte, ist die Diskussion um die „deutsche Leitkultur“. Friedrich Merz, der Parteivorsitzende der CDU, hat in der Vergangenheit erklärt, dass es zur deutschen Leitkultur gehöre, einen Weihnachtsbaum im Haus stehen zu haben. Diese Fixierung auf Symbole, die lediglich einen kleinen Teil der deutschen Gesellschaft ansprechen, lässt die Diskussion über die sogenannte Leitkultur leer und oberflächlich erscheinen. Es stellt sich die Frage, ob „Leitkultur“ wirklich eine Frage von Bräuchen und Ritualen ist oder ob sie nicht vielmehr auf gemeinsamen Werten beruhen sollte.

Hinzu kommt, dass es ausgerechnet Friedrich Merz war, der während der Corona-Pandemie betonte, dass es den Staat nichts angehe, wie er Weihnachten feiere. „Der Staat soll mir bitte keine Vorschriften machen, wie ich Weihnachten mit meiner Familie verbringe“, sagte er damals. Dieser Widerspruch ist bezeichnend für die inkonsistente Verwendung des Begriffs „Leitkultur“. Auf der einen Seite fordert Merz das Sichtbarmachen bestimmter Bräuche als Teil der deutschen Identität, während er sich gleichzeitig gegen staatliche Einmischung in genau diese Bräuche ausspricht, wenn es um seine persönlichen Freiheiten geht.

Eine politische Kehrtwende?

Es ist offensichtlich, dass die CDU mit ihrem Grundsatzpapier versucht, konservative Wähler zurückzugewinnen, die sich in den letzten Jahren der AfD zugewandt haben. Ob diese Strategie jedoch erfolgreich sein wird, bleibt fraglich. Der Fokus auf religiöse Unterschiede und das Hervorheben von vermeintlichen Bedrohungen durch den Islam könnten die gesellschaftliche Spaltung in Deutschland weiter vertiefen. Besonders Muslime, die sich bereits von der Politik entfremdet fühlen, könnten sich durch diese Maßnahmen weiter an den Rand gedrängt sehen.

Insgesamt zeigt dieses Grundsatzpapier einen deutlichen Rechtsruck der CDU, der darauf abzielt, Wähler am rechten Rand anzusprechen, während gleichzeitig muslimische Bürger Deutschlands unter Generalverdacht gestellt werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Strategie auf das Wahlergebnis auswirken wird.