Völkerrecht selektiv angewendet: Was läuft falsch in Gaza?
In den letzten Wochen hat sich ein tiefes Gefühl der Verwirrung und Frustration breitgemacht. Während wir in der Vergangenheit bei Verstößen gegen das Völkerrecht – wie zum Beispiel bei der Bombardierung von Krankenhäusern in Mariupol – klare Verurteilungen und Empörung gesehen haben, scheint sich die Lage in Gaza anders zu entwickeln. Mehr als 10.000 tote Zivilisten, darunter Tausende Kinder, und die systematische Zerstörung lebensnotwendiger Infrastruktur lassen die Frage aufkommen: Gilt das Völkerrecht nun oder nicht?
Obwohl humanitäres Völkerrecht klar festlegt, dass die Zivilbevölkerung unter keinen Umständen gezielt angegriffen oder von überlebenswichtigen Ressourcen abgeschnitten werden darf, scheint es in Gaza plötzlich „Ausnahmen“ zu geben. Die israelische Regierung argumentiert, dass unter Supermärkten Tunnel gegraben wurden und dies eine Rechtfertigung sei, um das Völkerrecht außer Kraft zu setzen. Doch das Aushungern von Millionen Menschen bleibt ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht – unabhängig von den Umständen.
Besonders schockierend sind die Worte des israelischen Verteidigungsministers, der am 9. Oktober erklärte, man kämpfe gegen „Tiermenschen“. Die Entmenschlichung einer Bevölkerung ist eine gefährliche Rhetorik, die in der Geschichte immer Völkermorde begleitet hat – von den Ureinwohnern Amerikas über die Sklaven in Afrika bis hin zu den Juden im Nationalsozialismus. Solche Aussagen sind nicht nur zutiefst unmoralisch, sondern bereiten den Weg für weitere Gräueltaten.
Das Völkerrecht ist kein flexibles Instrument, das je nach politischer Situation angepasst werden kann. Es dient dem Schutz der Menschlichkeit und darf nicht selektiv angewendet werden. Die internationale Gemeinschaft muss dringend handeln, um das sinnlose Sterben in Gaza zu beenden und die Prinzipien des Völkerrechts zu verteidigen.