Schulen und Religionsfreiheit: Warum Gebet und Kopftuch kein Problem sein sollten
Das Jahr begann mit einem alarmierenden Trend: Immer mehr Schüler berichten, dass ihnen an ihren Schulen das Gebet untersagt wird. Im Januar allein erreichten uns hier bei der Föderale Islamische Union über 30 Fälle dieser Art, und die Zahl stieg im Laufe des Jahres weiter an. Häufig werden solche Verbote mit dem „Schulfrieden“ begründet – eine Begründung, die mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.
Religiöse Praxis als Störung?
Schüler, die sich in einer Pause zurückziehen, um ihr Gebet zu verrichten, werden als potenzielle „Gefahr“ für den Schulfrieden wahrgenommen. Ähnliche Argumente finden sich auch in Diskussionen über das Kopftuch: Es könnte andere Schüler „unter Druck setzen“ oder sie könnten sich „gestört“ fühlen. Besonders absurd ist die Begründung, dass Kopftücher verboten werden sollen, um potenzielles Mobbing zu vermeiden – anstatt gegen die Mobber vorzugehen, wird das Opfer verantwortlich gemacht.
Was sagt es über eine Schule aus, wenn die friedliche Ausübung von Religion angeblich den Schulfrieden gefährdet? Und wie wirkt sich eine solche Haltung auf die Bildung junger Menschen aus, die in einer pluralistischen Gesellschaft leben sollen?
Schulen und ihr Bildungsauftrag
Eine Schule hat nicht nur den Auftrag, Wissen zu vermitteln, sondern auch Werte wie Toleranz und Respekt zu fördern. Wenn Kopftuch und Gebet als „störend“ empfunden werden, ist dies ein Weckruf für Schulen, ihren Bildungsauftrag ernst zu nehmen. Anstatt religiöse Praxis zu verbieten, sollten sie sie thematisieren: durch Projektwochen, Diskussionen im Ethikunterricht oder interaktive Workshops zur Förderung von Toleranz.
Es wäre fatal, wenn Schulen Schüler erziehen, die die friedliche Ausübung von Religion als „unerträglich“ empfinden. Solche Einstellungen fördern keine pluralistische Gesellschaft, sondern verstärken Vorurteile und Abgrenzung.
Die eigentlichen Probleme
Ein weiterer besorgniserregender Aspekt ist, dass viele Verbote offenbar nicht von den Schülern, sondern von den Lehrern ausgehen. Einige Lehrer haben selbst ein Problem mit dem Anblick von Kopftüchern oder betenden Schülern und nutzen den vermeintlichen „Schulfrieden“, um ihre eigene Haltung zu legitimieren. Dies ist nicht nur unfair gegenüber den betroffenen Schülern, sondern schadet auch dem Klima an den Schulen.
Ein Plädoyer für Toleranz
Religion ist kein Störfaktor, sondern ein Teil der Vielfalt unserer Gesellschaft. Schulen haben die Möglichkeit – und die Verantwortung –, jungen Menschen beizubringen, mit dieser Vielfalt umzugehen. Statt Verbote auszusprechen, sollten sie Dialog und Verständnis fördern. Denn wenn Schulen es schaffen, Toleranz und Respekt zu vermitteln, profitieren alle davon – Schüler, Lehrer und letztlich auch die Gesellschaft.