Sind wir hier bei Pippi Langstrumpf?

Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt...

Der Fall von Emile Ratelband hat in den Niederlanden für Aufsehen gesorgt. Dieser 69-Jährige wollte vor Gericht erreichen, dass sein Geburtsdatum offiziell um 20 Jahre „verjüngt“ wird, weil er sich wie 49 fühlt. Ein Arzt bescheinigte ihm sogar ein biologisches Alter von 40 bis 45 Jahren, und mit diesem Rückenwind zog er vor Gericht. Seine Argumentation: Es sei diskriminierend, dass er nicht nach seinem gefühlten Alter behandelt werde – auf dem Arbeitsmarkt oder in anderen Bereichen des Lebens. Doch das Gericht machte ihm einen Strich durch die Rechnung. 

Dieser Fall ist mehr als nur eine skurrile Anekdote. Er bringt ein Problem ans Licht, das heute in vielen Bereichen unserer Gesellschaft sichtbar wird: die zunehmende Tendenz, persönliche Empfindungen und Identifikationen über objektive Tatsachen zu stellen.

Der Kern dieser Diskussion liegt jedoch nicht nur im Alter, sondern – viel aktueller – in der Frage der Geschlechtsidentität. Genau hier liegt der eigentliche Vergleich: Während Ratelband mit seiner Altersverjüngung scheiterte, erleben wir heute, dass Männer sich als Frauen identifizieren können und umgekehrt – mit rechtlich bindenden Konsequenzen. Das Argument der „Empfindung“ wird hier plötzlich zur Grundlage von rechtlichen Änderungen. Wenn sich jemand als Frau fühlt, obwohl er biologisch ein Mann ist, darf er in vielen Ländern offiziell das Geschlecht ändern. 

Doch warum funktioniert das beim Geschlecht, aber nicht beim Alter? Beide Fälle beruhen auf einem Gefühl, auf einer persönlichen Wahrnehmung. Ist die Empfindung eines Mannes, sich als Frau zu fühlen, tatsächlich rechtlich bindender als die eines älteren Mannes, der sich jünger fühlt? Die Richter in Ratelbands Fall argumentierten, dass das Geburtsdatum eine objektive Tatsache sei, die nicht aufgrund subjektiver Gefühle geändert werden könne. Warum wird diese Logik nicht auch auf das Geschlecht angewendet? 

Hier wird die Absurdität offensichtlich: Wenn wir anfangen, rechtliche und gesellschaftliche Strukturen an persönliche Wahrnehmungen und Empfindungen anzupassen, befinden wir uns auf gefährlichem Terrain. Es scheint, als befänden wir uns in einem „Pippi Langstrumpf“-Szenario: „Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ 

Wenn Ratelband sein Geburtsdatum hätte ändern dürfen, weil er sich jünger fühlt, hätte dies unerwünschte rechtliche und gesellschaftliche Konsequenzen gehabt. Ähnlich wie beim Geschlecht gibt es Rechte und Pflichten, die an das Alter geknüpft sind – das Wahlrecht, die Schulpflicht und vieles mehr. Das Gericht lehnte die Forderung ab, weil es die Bedeutung objektiver Tatsachen in einem rechtlichen Rahmen anerkennt. 

Doch genau diese Logik wird bei der Gender-Debatte oft über Bord geworfen. Hier scheint das persönliche Empfinden plötzlich mehr Gewicht zu haben als biologische Tatsachen. Wenn Männer sich als Frauen identifizieren und umgekehrt, hat dies weitreichende Auswirkungen – etwa im Sport, im Gesundheitswesen und bei Quotenregelungen. Es werden rechtliche und gesellschaftliche Strukturen aufgeweicht, ohne dass die langfristigen Konsequenzen ausreichend bedacht werden. 

Wir müssen uns fragen: Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der persönliche Empfindungen die Grundlage für rechtliche Entscheidungen sind? Wo ziehen wir die Grenze zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlichen Normen? Wenn wir uns zu sehr auf persönliche Identifikationen verlassen, droht das gesamte Rechtssystem zu zerfallen. 

Die Welt lässt sich nicht nach Belieben formen, auch wenn das in manchen Fällen wünschenswert erscheinen mag. Gefühle und Empfindungen sind wichtig, aber sie dürfen nicht die Grundlage für rechtliche Entscheidungen und gesellschaftliche Strukturen sein. Der Fall von Emile Ratelband zeigt, wie absurd es werden kann, wenn wir anfangen, objektive Tatsachen aufgrund subjektiver Gefühle zu verändern.