Staatsvertrag mit Muslimen in Rheinland-Pfalz

Staatsvertrag - Chance oder List?

Das Bundesland Rheinland-Pfalz, in dem nach offiziellen Angaben rund 200.000 Muslime leben, plant einen Staatsvertrag mit verschiedenen muslimischen Verbänden / Organisationen, sowie der Ahmadiyyah-Gemeinde. 

Die diesbezüglichen Verhandlungen begannen ursprünglich bereits vor knapp 7 Jahren, wurde jedoch bereits 2016 wieder unterbrochen, um eine Reihe von Fragen zu klären. Hierfür wurde mit den verschiedenen Organisationen sogenannte Zielvereinbarungen getroffen, welche erfüllt werden müssen, bevor ein Staatsvertrag für das Land Rheinland-Pfalz überhaupt in Frage kommt. Und genau hier liegt das Problem. Der Staat – hier in Form des Bundesland Rheinland-Pfalz – mischt sich in die inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften ein und verstößt damit gegen das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche. Alle Religions- & Weltanschauungsgemeinschaften in Deutschland besitzen das sogenannte kirchliche Selbstbestimmungsrecht, welches zurück geht auf die Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung, welche durch Artikel 140 des Grundgesetzes Teil von eben jenem geworden sind. 

Artikel 140 des Grundgesetzes:
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Und in Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung heißt es ausdrücklich:
Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden. 

Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ist somit ein Recht mit Verfassungsrang. 
Und dennoch verstößt der Staat immer wieder gegen das damit verbundene Prinzip der Trennung von Staat und Kirche, so wie nun erneut im Land Rheinland-Pfalz. Denn die erwähnten Zielvereinbarungen, die mit den verschiedenen Organisationen ausgehandelt wurden, betreffen ausdrücklich die inneren Angelegenheiten, sowie die Verleihung von Ämtern innerhalb der jeweiligen Religionsgemeinschaften.

So wurde der Landesverband der Ditib dazu verpflichtet, sich mehr vom Bundesverband abzugrenzen und mehr Eigenständigkeit zu erlangen. 
Insbesondere wurde als konkrete Maßnahme verlangt, dass der Kommission für den islamischen Religionsunterricht keine Person angehören soll, die dem Weisungsbefugnissen des Ditib-Bundesverbandes unterstehe, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten. Außerdem dürfen Kandidaten für den DITIB-Landesvorstand nur von den Mitgliedsgemeinden und nicht mehr auch noch zusätzlich durch den Bundesverband vorgeschlagen werden. Außerdem sollte zur Stärkung des Landesverband die Stelle eines Landesgeschäftsführers eingeführt werden. 

Dies alles wäre natürlich kein Problem, wenn die Entscheidung dazu von der Ditib bzw. dem Landesverband in Rheinlandpfalz selbst getroffen wurden wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Vielmehr geschah diese Entscheidung und spätere Umsetzung aufgrund des Drucks des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, welches auf Grundlage des gescheiterten Militärputsches  in der Türkei im Juli 2016 ein ergänzendes Gutachten über die Ditib in Auftrag gab. Problematisch für den Staat sei hierbei der Einfluss der türkischen Religionsbehörde Diyanet, welche über den Ditib-Bundesverband erfolgen könnte. 

Von der Schura Rheinland-Pfalz wurde ähnliches verlangt. Die Satzung der Schura, sowie ihrer Mitgliedsgemeinde und -vereine müssen so umgestaltet werden, dass die bestehende Verbindung zu einem weiteren Dachverband (Bundesverband) die eigenständige Willensbildung und inhaltlichen Grundsätze der Schura Rheinland-Pfalz nicht gefährdet. 

Auch hier gilt wieder, dass solche Änderungen vollkommen legitim und unproblematisch gewesen wären, wenn sie durch die Schura selbst initiiert gewesen wären. So hingegen ist es klarer Verstoß des Prinzips der Trennung von Staat und Kirche und ein eingriff in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht. 

Ist ein Staatsvertrag solche Eingriffe wert?

Nachdem wir nun eindeutig gesehen haben, dass der Staat sich verfassungswidrig in die inneren Angelegenheiten der muslimischen Glaubensgemeinschaften einmischt, stellt sich einem unweigerlich die Frage, ob der Vorteil eines solchen Staatsvertrages die verhältnismäßigen verkraftbaren Eingriffe in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht rechtfertigen kann.

Unsere Antwort darauf lautet ganz eindeutig:
Nein!

Beim kirchlichen Selbstbestimmungsrecht handelt es um einen Recht mit Verfassungsrang. Ein Eingriff in ein solches Grundrecht darf unter garkeinen Umständen salonfähig gemacht werden; ganz gleich, wie gering die tatsächlichen praktischen Auswirkungen auch sein mögen. Des weiteren sind die erwähnten Eingriffe auch nicht klein und unbedeutend, sondern können eine entscheidende Rolle spielen, wenn die jeweiligen Religionsgemeinschaften irgendwann einmal den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragen wollen. 

Außerdem stellt sich weiterhin die Frage, ob überhaupt ein wirklicher Nutzen mit dem erwarteten Staatsvertrag verbunden sein wird. Wenn man sich die verschiedenen anderen Staatsverträge, die es zwischen einzelnen Bundesländern und den verschiedenen Religionsgemeinschaften ansieht, insbesondere mit den muslimischen Religionsgemeinschaften, ist dort kein wirklicher Mehrwert zu erkennen. Der Staat gesteht den Muslimen in diesen Staatsverträgen ein paar Grundrechte zu, die uns bereits aufgrund der Religionsfreiheit aus Artikel 4 des Grundgesetzes sowieso zustehen. Lediglich der verwaltungstechnische Rahmen wird ein wenig ausgestaltet, etwas das auch ohne einen solchen Staatsvertrag zu den Pflichten des Staates gehört, dessen Umsetzung bisher aber mit Bravour vernachlässigt wurde. Im Gegenzug müssen die muslimischen Organisationen dem Staat in der Regel allerhand Zugeständnisse machen und sich (in einem gewissen Rahmen) dazu verpflichten, den Islam so zu verstehen und zu lehren, wie der deutsche Staat dies gern hätte. 

Damit sind die Staatsverträge inhaltlich betrachtet bisher nur eins: 
Ein Trojanisches Pferd.