Stellungnahme zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin im Verfahren VG 11 K 61/24

Ein Urteil gegen die Religionsfreiheit - aber nicht das letzte Wort

Wie erwartet hat das Verwaltungsgericht Berlin unsere Klage auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für das Tragen des Niqabs beim Autofahren abgelehnt. Leider bestätigte die mündliche Verhandlung den bereits im schriftlichen Vorverfahren entstandenen Eindruck einer mangelnden Neutralität des Gerichts.

Besonders kritisieren wir, dass die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin bisher das einzige Gericht ist, das eine Beteiligung der Föderalen Islamischen Union (FIU) als offizieller Beistand in der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat. Dies, obwohl unsere Mitwirkung offensichtlich sachdienlich gewesen wäre und wir als Organisation sämtliche uns bekannten Verfahren zu diesem Thema betreuen. Bisher wurde unsere Rolle als Beistand in allen vergleichbaren Verfahren – darunter auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster – anstandslos anerkannt. Die Entscheidung der 11. Kammer weicht damit ohne sachlichen Grund von der bisherigen gerichtlichen Praxis ab.

Die Entscheidung, uns hier auszuschließen, stellt eine unzulässige Einschränkung der rechtlichen Vertretung der Klägerin dar. Als Organisation, die sich seit Jahren um betroffene Frauen kümmert, bestehende Gerichtsverfahren begleitet und maßgeblich an der strategischen Rechtsdurchsetzung in dieser Thematik beteiligt ist, verfügen wir über eine unbestreitbare Fachkenntnis. Die Verweigerung unserer Mitwirkung verstößt gegen das Recht der Klägerin auf eine umfassende rechtliche Vertretung und untergräbt eine faire gerichtliche Prüfung.

Da eine Verfassungsbeschwerde als einziges rechtliches Mittel infrage gekommen wäre, diese aber vermutlich nicht rechtzeitig vor Prozessbeginn entschieden worden wäre, wurde aus Kostengründen von einer Anfechtung abgesehen. Dennoch verurteilen wir diese Entscheidung aufs Schärfste, da sie das Recht der Klägerin auf eine umfassende rechtliche Vertretung erheblich beschränkt und einen besorgniserregenden Präzedenzfall schafft.

Im Laufe des Verfahrens hat sich zunehmend der Eindruck verfestigt, dass es dem Gericht nicht um eine rechtliche Beurteilung ging, sondern dass ideologische Vorbehalte gegen die Klägerin und ihr Recht auf religiöse Selbstbestimmung eine Rolle spielten. Dieser Eindruck wurde insbesondere durch nicht nachvollziehbare Argumentationsmuster und unzulässige theologischen Wertungen verstärkt, die in der mündlichen Verhandlung offen zutage traten.

Angesichts dieser Umstände kündigen wir bereits jetzt an, gegen diese Entscheidung in Berufung zu gehen. Sollte die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin die Berufung nicht zulassen, werden wir eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. Die rechtlichen Fragen, die in diesem Verfahren aufgeworfen wurden, sind von grundlegender Bedeutung für die Religionsfreiheit und können nicht durch eine ideologisch motivierte Entscheidung auf unterster Instanz blockiert werden.

Wir werden diesen Fall notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht bringen – so, wie es in der Vergangenheit bereits mit anderen grundrechtswidrigen Einschränkungen der Religionsfreiheit geschehen ist. Das Kopftuchverbot für Lehrerinnen wurde über 15 Jahre lang von den Gerichten mitgetragen, bis es schließlich vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wurde. Ebenso verhielt es sich mit den pauschalen Gottesdienstverboten während der Corona-Pandemie, gegen die wir erfolgreich geklagt haben. Diese Beispiele zeigen, dass das Recht auf Religionsfreiheit in Deutschland oft erst in letzter Instanz durchgesetzt wird. Deshalb lassen wir uns durch eine Entscheidung auf erster Instanz nicht entmutigen.

Denn die Religionsfreiheit sollte nicht verhandelbar sein – sie ist ein unverzichtbarer Pfeiler einer freien und gerechten Gesellschaft.