Warum wird die Sicherheit von Muslimen in Deutschland ignoriert?
In Hannover, in der Nähe eines Friedhofs, fiel mir während der Corona-Zeit immer wieder ein Polizeiauto auf. Zunächst dachte ich, die Polizei kontrolliere verstärkt die Einhaltung der Corona-Maßnahmen, da bei Beerdigungen oft viele Menschen zusammenkommen und möglicherweise gegen die Versammlungsbeschränkungen verstoßen könnten. Doch auch nachdem die Corona-Maßnahmen nach und nach aufgehoben wurden, stand das Polizeiauto weiterhin dort – und das fast dauerhaft.
Es dämmerte mir schließlich: Das Auto stand nicht wegen des Friedhofs dort. Es zeigte auch gar nicht in Richtung des Friedhofs, sondern direkt auf die gegenüberliegende Synagoge. Da wurde mir klar, warum die Polizei so präsent war: Sie schützten die Synagoge, nicht den Friedhof.
Angesichts der Lage in Palästina und der generell angespannten Situation in der Welt mag ein solcher Schutz nötig sein, und es ist verständlich, dass jüdische Einrichtungen in Deutschland besonderen Schutz genießen. Doch diese ungleiche Behandlung fällt auf, wenn man den Umgang des Staates mit Moscheen und muslimischen Gemeinden vergleicht. Ein gutes Beispiel für diese Diskrepanz ist der Anschlag in Halle im Jahr 2019. Der Täter wollte eine Synagoge angreifen, doch als ihm dies misslang, tötete er stattdessen eine Passantin und einen Gast in einem Dönerimbiss. Der Besitzer des Imbisses, mit dem ich damals sprach, war entsetzt darüber, wie viel Aufmerksamkeit der vereitelte Angriff auf die Synagoge bekam, während die tatsächlichen Opfer, darunter Muslime, kaum Beachtung fanden.
Polizeischutz: Unausgewogene Prioritäten
Während Synagogen oft rund um die Uhr geschützt werden, sieht es bei Moscheen ganz anders aus. In unserer Moschee haben wir mehrfach verdächtige Personen gemeldet, die sich merkwürdig verhielten, die Einrichtung beobachteten und sich alles ansahen, ohne zu beten oder in anderer Weise aktiv am Gemeindeleben teilzunehmen. Wenn sie angesprochen wurden, verschwanden sie sofort. Trotz dieser Berichte kam nur einmal eine Streife vorbei, und das auch eher zufällig. Der Staatsschutz ließ uns oft wissen, dass kein „konkreter Anlass“ bestünde, weshalb kein zusätzlicher Schutz erforderlich sei.
Selbst nach einem Brandanschlag auf eine Moschee in Hannover, bei dem glücklicherweise niemand verletzt wurde, gab es nur kurzzeitig Polizeischutz – und das auch nur während des Freitagsgebets und auch nur für die betroffene Moschee. Wenige Stunden nach diesem Schutz, innerhalb von 24 Stunden nach dem ersten Vorfall, wurde ein zweiter Anschlag auf dieselbe Moschee verübt. Dieser zweite Anschlag konnte problemlos ausgeführt werden, da es keinen fortlaufenden Schutz mehr gab. Dieser Vorfall zeigt deutlich, dass die Sicherheit der muslimischen Gemeinschaft für den Staat offenbar nicht dieselbe Priorität hat wie die Sicherheit anderer Religionsgemeinschaften.
Das Narrativ des „Bürgers zweiter Klasse“
Dieses ungleiche Vorgehen fördert das Gefühl, dass Muslime in Deutschland Bürger zweiter Klasse sind. Der Staat beteuert, dass alle Bürger gleich behandelt werden, doch in der Praxis sieht es oft anders aus. Auf der einen Seite wird die muslimische Gemeinschaft mit Verdächtigungen und Vorurteilen konfrontiert, auf der anderen Seite werden ihre Bedürfnisse nach Sicherheit nicht ausreichend ernst genommen.
Während Synagogen auch ohne konkrete Bedrohung dauerhaft geschützt werden, müssen Moscheen oft erst Opfer eines Anschlags werden, bevor sie vorübergehend Schutz erhalten – und selbst dann oft nur für kurze Zeit. Diese Ungleichbehandlung fördert das Narrativ, dass Muslime im Vergleich zu anderen Minderheiten weniger wertgeschätzt werden.
Fazit
Warum behandelt der Staat Muslime nicht gleich? Diese Frage stellt sich, wenn man die ungleiche Sicherheitslage zwischen Moscheen und Synagogen in Deutschland betrachtet. Es ist schwer zu übersehen, dass der Staat offenbar nicht die gleiche Sorge um die Sicherheit der muslimischen Gemeinschaft hat wie um die anderer Religionsgemeinschaften. Dadurch wird der Eindruck verstärkt, dass Muslime in Deutschland als Bürger zweiter Klasse betrachtet werden. Der Staat täte gut daran, dieser Ungleichbehandlung entgegenzuwirken, bevor sie tiefergehende Schäden anrichtet.