Kriegsverbrecher mit Prestige: Die zweifelhafte Auswahl deutscher Vorbilder
Warum sind deutsche Politiker oft Sympathisanten von Kriegsverbrechern?
In den letzten Monaten sorgte der Tod des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger für zahlreiche positive Nachrufe, besonders auch in Deutschland. Außenministerin Annalena Baerbock würdigte Kissinger auf X (ehemals Twitter) und betonte seine „Größe“ darin, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand ausgestreckt zu haben. Doch bei genauerer Betrachtung der politischen Geschichte Kissingers drängt sich die Frage auf: Warum wird jemand, dessen politische Entscheidungen zahlloses Leid verursacht haben, in Deutschland als „großer Staatsmann“ gefeiert?
Ein Muster von selektiver Sympathie
Deutschland scheint ein wiederkehrendes Muster zu zeigen, wenn es um die Sympathien für Staatsmänner geht: Verbrecher, die Völkerrechtsverbrechen begangen haben, werden hofiert, während andere Politiker, die vermeintlich gegen demokratische Prinzipien verstoßen, scharf kritisiert werden. Henry Kissinger ist nur das prominenteste Beispiel für diese Ambivalenz. Trotz seiner Verantwortung für Verbrechen wie die Bombardierung Kambodschas oder seine Unterstützung der Militärdiktaturen in Chile und Argentinien, wird er in Deutschland aufgrund seiner Rolle in der Nachkriegszeit als „Freund“ des Landes gefeiert.
Beispiel Sisi und Erdogan
Ein ähnliches Muster zeigt sich auch bei anderen internationalen Staatsmännern. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi, der durch einen blutigen Militärputsch an die Macht kam und bei Massenprotesten tausende Demonstranten niederschießen ließ, wird von deutschen Politikern oft als „Stabilitätsgarant“ in der Region betrachtet. Al-Sisi, dessen Regime für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, wird mit offenen Armen empfangen, weil er die Interessen des Westens in der Region schützt.
Gleichzeitig wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland massiv kritisiert, etwa dafür, dass er während der Gezi-Park-Proteste im Jahr 2013 den Zugang zu Twitter einschränkte. Während Kissingers und Sisis Verbrechen stillschweigend übersehen werden, wird Erdogans Verhalten als diktatorisch dargestellt. Diese Doppelmoral wirft die Frage auf: Welchen Maßstab legt die deutsche Politik an, wenn es um die Bewertung internationaler Staatsmänner geht?
Kriegsverbrecher mit guten Beziehungen zu Deutschland
Es scheint fast so, als ob die „Größe“ eines Staatsmannes in den Augen der deutschen Politik weniger durch moralische Prinzipien definiert wird, sondern vielmehr durch geopolitische Interessen. Erdogan ist unbequem, weil er sich nicht in die geopolitischen Pläne des Westens einfügen will. Kissinger, Sisi und andere hingegen sind bequem, weil sie genau das tun. Das erklärt, warum die Verbrechen dieser Politiker in Deutschland oft heruntergespielt oder ignoriert werden.
Das skandalöseste Beispiel bleibt Kissingers Kommentar zur Verfolgung von Juden in der Sowjetunion. Auf die Frage, ob sich die USA für die Rettung dieser Menschen einsetzen würden, antwortete er kühl: „Die Auswanderung von Juden aus der Sowjetunion ist kein Ziel amerikanischer Außenpolitik, und wenn sie in die Gaskammern geschickt werden, ist das auch kein amerikanisches Problem.“ Ein solcher Kommentar lässt uns tief blicken, wessen „Größe“ hier tatsächlich gefeiert wird.
Ein fragwürdiges Erbe
Deutschland zeigt in seiner Außenpolitik oft eine alarmierende Sympathie für Diktatoren und Kriegsverbrecher, solange diese als nützliche Verbündete betrachtet werden. Während Annalena Baerbock Kissinger posthum als „großen Staatsmann“ feiert, bleibt seine Rolle bei einigen der schlimmsten Verbrechen des 20. Jahrhunderts in der deutschen Debatte weitgehend unbeachtet. Es ist an der Zeit, dass die deutsche Außenpolitik ihre Vorbilder kritisch hinterfragt und sich nicht länger von geopolitischen Interessen blenden lässt.