Warum Menschlichkeit nicht selektiv sein darf
In Zeiten großer Konflikte wird oft deutlich, wie selektiv unsere Menschlichkeit sein kann. Das Mitgefühl für zivile Opfer scheint nur dann geweckt zu werden, wenn sie auf „der richtigen Seite“ stehen. Besonders im Nahostkonflikt zeigt sich dieses Phänomen in erschreckender Weise: Wer Mitleid mit israelischen Zivilisten empfindet, wird oft als Zionist bezeichnet, wer Mitgefühl für palästinensische Opfer zeigt, wird schnell in die Nähe der Hamas gerückt.
Diese selektive Humanität ist jedoch keine echte Menschlichkeit. Niemand sollte das Leid eines unschuldigen Menschen kleinreden oder rechtfertigen, nur weil er auf der anderen Seite des Konflikts steht. Wir alle sind fähig, für Opfer beider Seiten Mitgefühl zu empfinden, und genau das macht uns zu Menschen.
Es ist verständlich, dass wir uns stärker betroffen fühlen, wenn Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen, leiden. Doch das darf uns nicht dazu verleiten, das Leid anderer zu ignorieren oder zu rechtfertigen. Die Herausforderung besteht darin, unser Mitgefühl auf alle auszudehnen – unabhängig von Nationalität oder Religion.
Die aktuelle politische Haltung, insbesondere in Deutschland, zeigt deutlich, dass nicht alle Opfer gleich behandelt werden. Während zivile Opfer auf der einen Seite Empörung auslösen, werden zivile Opfer auf der anderen Seite oft gerechtfertigt. Diese Doppelmoral ist ein Problem, und wir müssen uns dagegen stellen.
Mitgefühl darf nicht selektiv sein. Es ist unsere Aufgabe, gegen Unrecht zu sprechen – egal, wer der Verursacher ist. Ob israelische Streitkräfte oder die Hamas verantwortlich sind, das eine ist so abscheulich wie das andere. Und es ist ermutigend zu sehen, dass immer mehr Menschen weltweit dies erkennen und sich solidarisch zeigen, egal auf welcher Seite sie stehen.