Bundesverwaltungsgericht bestätigt Vereinsverbot

Vereinsrechtliches Verbot von Ansaar International e. V. bestätigt

Heute verkündete das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig das Urteil im Prozess um das Vereinsverbot von Ansaar International und entschied, dass das Verbot rechtmäßig ist.

Das Bundesministerium für Inneres und Heimat (BMI) verbot Ansaar International mit der Begründung, dass er mit seinen Zwecken und Tätigkeiten en Strafgesetzen zuwiderlaufe und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, sowie den Gedanken der Völkerverständigung richte.

Die Klage, über die das BVerwG als erste und gleichzeitig letzte Instanz entschieden hat, wurde abgewiesen. Das Gericht ist nach fünftägiger Verhandlungsdauer mit einer umfangreichen Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass das BMI zu Recht davon ausgegangen ist, dass Ansaar sämtliche Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG erfüllt. 

Das Verbot der Strafgesetzwidrigkeit sei deswegen gegeben, weil Ansaar International terroristische Vereinigungen unterstützt haben soll. Bei einer humanitären Hilfeleistung in von Terrororganisationen kontrollierten Krisengebieten kann dies jedoch nur angenommen werden, wenn mit der Hilfeleistung der Tatbestand der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verwirklicht wird und diese Hilfeleistung gleichzeitig nicht die allgemeinen Prinzipien der Menschlichkeit, der Neutralität und der Unparteilichkeit achtet. Die Neutralität und die Unparteilichkeit der Hilfestellungen fehlen jedenfalls dann, wenn sich die Hilfsorganisation mit den Zielen der in dem Krisengebiet herrschenden Terrororganisation identifiziert. „Dies war beim Kläger (Ansaar) der Fall.“, so das BVerwG.

Mit seinen humanitären Projekten, wie etwa dem Bau und Betrieb und Schulen und Krankenhäusern, der Lieferung von Krankenwagen und der Verteilung von Lebensmitteln in Syrien im Dominanzbereich der Als Nusra bzw. HTS, sowie – mithilfe von der ihm zugeschriebenen Teilorganisation des Somalischen Komitees (Urteil vom 7. Juli 2023 – 6 A 2.21) – sowie der Al-Shabab in Somalia, hat Ansaar International diese Vereinigungen unterstützt. Derartige Hilfeleistungen sind nach Ansicht des Gerichts nicht möglich, ohne Geldzahlungen bzw. die Ablieferung von Hilfsgütern an diese Terrororganisationen zu leisten.

Außerdem habe Ansaar International sich nach Ansicht des Gerichts mit den Zielen von Al-Nusra bzw. HTS, sowie von Al-Shabab identifiziert, vor allem mit der Errichtung eines Gottesstaats, verbunden in Bezug auf die al-Nusra zugleich mit der Vernichtung Israels und mit der Einführung der Scharia. Im Bezug auf den Gazastreifen erfüllte zwar Ansaar International nicht selbst den Verbotsgrund der Strafgesetzwidrigkeit, dafür allerdings die Vereinigung WWR, welche zumindest für den Zeitraum von 2016 bis März 2019 als Teilorganisation von Ansaar International angesehen werden müsse (Urteil vom 7. Juli 2023 – 6 A 4.21). Der WWR unterstützte einen Sozialverein der HAMAS und damit die HAMAS unmittelbar. Da dies im o. g. Zeitraum geschehen ist, müsse Ansaar sich diese Aktionen zuschreiben lassen. Darüber hinaus habe Ansaar nach Auffassung des Gerichts auch bereits deshalb strafgesetzwidrig gehandelt, weil er die Terrororganisation al-Nusra – über die Zahlung generell verlangter Zwangsabgaben hinaus – mit im Ausland beschafften Geräten, sowie mit nach Syrien transferierten Geldern aktiv unterstützt hat. 

Eine Erklärung dafür, wie das BVerwG zu der Erkenntnis gelangt sein soll, dass Geldzahlungen, ganz gleich ob verlangte Zwangsabgaben der Terrororganisationen oder freiwillige Zuwendungen an eben jene, geleistet wurden sind, blieb das Gericht sowohl in der mündlichen Urteilsverkündung, als auch in der veröffentlichten Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts (Nr. 61/2023 vom 21.08.2023) bisher schuldig. Es wird daher abzuwarten sein, wie dies im noch folgenden ausführlicheren schriftlichen Urteil begründet wird.

In einfachen Worten ausgedrückt bedeutet dies bisher, dass Gericht sieht es als erwiesen an, dass Geldzahlungen an Terrororganisationen geflossen sind, jedoch ohne dies näher zu begründen. Von den verschiedenen Terrororganisationen verlangte Zwangsabgaben sind allerdings nur dann Strafbar, wenn man sich mit dessen Zielen identifiziert. Da sowohl Ansaar selbst, als auch die jeweiligen Terrororganisationen von den deutschen Sicherheitsbehörden jeweils dem selbst kreierten Begriff des Salafismus zugeordnet werden, liegt eine gegenseitige Identifizierung ja klar auf der Hand. Und da dies klar auf der Hand liegt, liegt es ebenso klar auf der Hand, dass über die verlangten Zwangsabgaben weitere freiwillige Zahlungen und Lieferungen von Hilfsgütern geleistet wurden. Eine Zirkelschlusslogik, die in einem rechtlichen Prozess unzulässig und einem Bundesgericht unwürdig ist. Ob das schriftliche Urteil dies noch auflösen und genauer erklären kann, bleibt vorerst fraglich.

Neben den strafrechtlichen Verbotsgründen, sieht das Gericht außerdem auch den Verbotsgrund des sich richten gegen den Gedanken der Völkerverständigung aufgrund der o. g. Aktivitäten als erfüllt. Außerdem sei dieser Verbotsgrund auch darüber hinaus erfüllt, weil Ansaar International auf die Errichtung eines Gottesstaats und die Einführung der Scharia – notfalls auch mittels Gewalt – gerichtete Missionierungstätigkeit ausgeübt hat. Diese fanden sowohl in Ghana in seinem Weisenhaus und der angegliederten Schule statt, sowie an der von ihm betriebenen Koran- und Hadith-Akademie in Bursa (Türkei). Laut Gericht sei es Ziel der Akademie, Prediger in einem fundamentalistischen-islamistischen Sinne auszubilden, die dann als Multiplikatoren in ihre Heimatländer zurückkehren und dort dieses Gedankengut propagieren sollen. Aus diesem Grund richtet sich dies auch gegen die verfassungsmäßige Ordnung, soweit die ausgebildeten Prediger auch in Deutschland tätig werden sollen. Die Argumentation die der Senat für diese Erkenntnis in der mündlichen Urteilsverkündung mitteilte, glich jedoch einer Farce und unterlag ebenfalls der bereits erwähnten Zirkelschlusslogik. Auch hier bleibt also abzuwarten, ob das ausführlichere schriftliche Urteil Licht in die ganze Angelegenheit bringen wird. Nach aktuellem Stand erscheint dies jedoch eher unwahrscheinlich.

Nach Auffassung des Gerichts prägten die Aktivitäten, mit denen er die Verbotsgründe erfüllte, den Verein Ansaar International dermaßen, dass ein milderes Mittel als das ausgesprochene Vereinsverbot nicht ersichtlich ist.

Das Urteil ist rechtskräftig und eine Revision ist nicht zulässig.
Ansaar International bleibt nun nur noch die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, deren Erfolgschancen jedoch statistisch bei gerade einmal ca. 2 % liegen, sowie einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wo die Chancen ebenfalls ungewiss sind.

Ausführlicher Blog über die einzelnen Verhandlungstage

In unserem Bereich Blog & News werden wir in den kommenden Tagen und Wochen nach und nach einen ausführlichen Bericht über die Abläufe der jeweiligen Verhandlungstage veröffentlichen in sha Allah. Außerdem planen wir ein weiteres Statement, sobald uns das schriftliche Urteil vorliegt. Dies kann allerdings noch mehrere Wochen oder durchaus auch Monate dauern, je nach dem wie schnell das Bundesverwaltungsgericht ist. Ob dies in Schriftform oder via Video geschehen wird, muss ebenfalls noch entschieden werden.